Die wichtigsten und gängigsten Akkord-Progressionen für Jazz- und Blues-Gitarre
Author: Wanda Waterman
Auswendig gelernte Akkordfolgen gehören zu den wertvollsten Werkzeugen des Gitarristen; sie statten dich nicht nur mit musikalischen Landkarten und Abkürzungen aus, sie erleichtern dir auch den Zugang zu den wilderen Gebieten des Gitarrespielens (Innovation und Improvisation), von denen wir hoffen, dass du lange genug dran bleibst, um sie entdecken zu können.
Die Kenntnis gängiger Akkordfolgen ermöglicht es dir, mit anderen Akkordinstrumenten wie Keyboard, Banjo, Mandoline und sogar der Bassgitarre zu spielen, die ebenfalls mit Akkordfolgen vertraut sein muss. Und wenn du die Akkordfolgen nach Genre kennst, bist du als Musiker noch vielseitiger und wandlungsfähiger.
Und was daneben auch noch wichtig ist: Es macht Spaß.
In dieser Artikelserie behandeln wir die wichtigsten und gebräuchlichsten Akkordfolgen jedes einzelnen Musikgenres. Neben Jazz werden wir auch Akkordfolgen aus Rock (einschließlich Prog, Indie, Grunge, Punk und Post-Rock), Country, Reggae, Folk und klassischer Musik ansehen (wenn wir eine wichtige vergessen haben, lass es uns wissen!).
Wir hoffen, dir so ein Werkzeug an die Hand zu geben, das dir das Gitarrelernen erleichtert und mit dem du dich soweit organisieren kannst, dass du den Kopf frei hast für deine Kunst und Kreativität und zu dem Gitarrenmeister werden kannst, zu dem du von Geburt an bestimmt bist.
Jedes Musikgenre hat seine eigenen ganz speziellen Akkordprogressionen, die Teil seiner Geschichte sind, es zu dem machen, was es ist, und ihm seine kulturelle Bedeutung verleihen.
Machen wir es uns leicht und beginnen wir mit Jazz.
Kann es wirklich so einfach sein?
Jazz 305 an der Dalhousie University war ein berüchtigter Kurs, weil er von jedem Studenten verlangte, ein berühmtes Jazzsolo zu singen, es aufzunehmen und als Abschlussprojekt einzureichen. Der Kurs wurde von dem großartigen Don Palmer unterrichtet, einem Saxophonisten aus Cape Breton, der bei Lee Konitz in New York studiert hatte und später mit vielen berühmten Musikern, darunter Tito Puente, auf Tournee ging. Natürlich hatte er eine Gig-Tasche voller großartiger Geschichten dabei.
Eines der wertvollsten Dinge, die Palmer uns lehrte, war, dass der Jazz, wenn man ihn zerlegt, eigentlich nur zwei Akkordfolgen hat. Das stimmt – die Progressionen fast jeder Jazzmelodie sind entweder die Akkorde des zwölftaktigen Blues oder die Akkorde von “I Got Rhythm”.
Bestimmt kann es nicht so simpel sein, dachte ich damals. Sicherlich kann eine der komplexesten und schwierigsten Musikgattungen nicht auf nur zwei Progressionen reduziert werden! Aber ein paar Jahre des Jazz-Hörens und des Herumklimperns auf der Gitarre überzeugten mich, dass er Recht hatte. Als ich dachte, ich hätte eine Akkordfolge gefunden, die zu keinem der beiden Schemata passte, musste ich nur etwas genauer hinsehen, um festzustellen, dass trotz einiger zusätzlicher Akkorde und Noten die ursprüngliche Progression dieselbe geblieben war.
Aber hier endet der einfache Teil. Zu sagen, dass ein Song auf einer bestimmten Akkordfolge basiert, bedeutet, dass er dieselbe Grundstruktur hat, nicht, dass er genau dieselbe Folge von Akkorden enthält. Sobald du eine grundlegende Akkordprogression kennst, musst du sie ein wenig verändern, damit sie deinen Bedürfnissen entspricht: Füge zum Beispiel einige Verzierungs-Akkorde hinzu, um die Übergänge von einem Akkord zum anderen zu erleichtern und alles weich und natürlich zu machen, und füge dann einige zusätzliche Noten (nicht nur die Noten des Dreiklangs) zu deinem Akkord hinzu, damit er jazzig klingt. An dieser Stelle kommt ein wenig Komplexität ins Spiel. Aber es wird dir nicht lange allzu schwierig erscheinen, denn wir sind ja hier, um dir zu helfen.
Progressionen als Kommunikationsmethode
Im Jazz, wie auch in vielen Bereichen des Rock, ist die Akkordprogression im Wesentlichen ein fließender Prozess; zum Beispiel kann es technisch gesehen für jede Note einer Melodie einen separaten Akkord geben, und manchmal gibt es sogar einen Akkordwechsel in der Mitte einer Note! Während sich die Melodie vorwärts bewegt, erzeugen der Platz der Note in der Melodie und die Harmonien, die sie begleiten, neue Akkorde. Du entscheidest, welche und wie viele dieser Akkorde du spielen möchtest.
Akkordfolgen sind ganz einfach Kommunikationsmethoden, auch wenn sie Ideen und Empfindungen vermitteln, die sich nicht in Worte fassen lassen (weshalb sie ja eben auch in musikalischer Form vorliegen).
Um die Idee dieser Kommunikationsweise besser zu erklären, werfen wir einen Blick auf die grundlegende zwölftaktige Blues-Akkordfolge (jeder Akkord steht für einen Takt): I – I – I – I – IV – IV – I – I – V – IV – I – I.
(In der Tonart E-Dur wäre dies z.B. E-E-E-E-A-A-E-E-B (deutsch: H) -A-E-E).
Hör dir Gary Clark Jr. an, wie er das spielt.
Während du zuhörst, stell dir vor, du gehst über ein Feld auf einen Apfelbaum zu (I). Du siehst einen Apfel auf dem Boden liegen (IV). Du lässt ihn dort liegen, aber du wirfst einen Blick zurück auf dein Haus und fragst dich, ob deine Mutter sich vielleicht freuen würde, wenn du ihr einen Apfel mitbringst (I). Dann siehst du einen größeren, feineren Apfel auf dem Boden (V) und beschließt, diesen aufzuheben und deiner Mutter zu bringen. Als du dich umdrehst, um nach Hause zu gehen, fällt dein Blick auf den ersten Apfel (IV) und du beschließt, ihn für dich selbst aufzuheben. Ziemlich bald bist du wieder zu Hause (I). Hör dir nun Gary an, wie er die Akkordfolge noch einmal durchspielt, während du dir vorstellst, wie du deiner Mutter erzählst, was gerade passiert ist.
Diese kleine Geschichte veranschaulicht, wie Akkordfolgen uns das Gefühl geben, loszugehen, etwas zu finden, dann etwas Besseres (oder Größeres oder Unheimlicheres usw.) finden, zum Ersten zurückkehren und schließlich zum Ende kommen. In der Geschichte könnte es auch darum gehen, sich auf ein Abenteuer einzulassen, sich zu verirren, gegen einen Riesen zu kämpfen und dann nach Hause zurückzukehren.
Das ist die Art von Geschichte, die man sich mit der üblichen zwölftaktigen Blues-Progression ausdenken kann. Wenn sich die Akkordfolge ändert, ändert sich auch die Geschichte. Manchmal nimmt deine Geschichte bizarre Wendungen. Manchmal verlierst du dich und bleibst verloren (d.h. die Progression löst sich nicht zum Grundakkord der Tonart auf). Manchmal begegnet man einem alten Freund, oder man trifft einen Fremden, oder es sitzt ein Bär im Baum. Je nach Geschichte kann die Akkordfolge ein wenig verändert werden, um sie der Stimmung, dem Genre und dem Liedtext anzupassen, indem zusätzliche Akkorde oder 6., 7., 9. und 13. Noten zu den Akkorden hinzugefügt werden.
Falls du es noch nicht getan hast, empfehlen wir dir dringend, dich mit Dur- und Moll-Akkordfolgen vertraut zu machen (Du musst z.B. wissen, dass in Dur-Tonarten der zweite Akkord Moll ist). Nimm dir etwas Zeit und sieh dir unsere Musiktheorie-Artikel an. Das wird dir helfen, eine Akkordfolge (z.B. I-iii-IV-V-I) in eine beliebige Tonart (z.B. die Tonart E: E-G#min-A-B-E) zu transponieren.
Dekonstruktion von Akkord-Progressionen
Um eine Akkordfolge zu dekonstruieren, müssen wir sie auf ihre grundlegendste Form zurückbringen. Das bedeutet, dass wir zunächst die 7. und 9. und 6. usw. aus den Akkorden herauslassen und die Akkorde bei ihren römischen Ziffern nennen, die in jeder Tonart, egal ob Dur oder Moll, funktionieren. Wir werden auch einige der zusätzlichen Verzierungs-Akkorde auslassen, die dazu dienen, den Fluss des Songs zu erleichtern, die aber nicht unbedingt notwendig sind, weil sie nicht in jeder Version eines Songs vorkommen (die Entscheidung, welche zusätzlichen Akkorde verwendet werden, liegt beim einzelnen Musiker oder Bandleader).
Die zwei großen Grundsteine der Jazz-Akkordprogressionen
In seiner einfachsten Form folgt das Lied “I Got Rhythm” dieser Akkordfolge (du kannst in C-Dur mitspielen, wenn du ein Gefühl dafür bekommen möchtest):
Strophen:
I ii V
(C–Dmin–G)
I ii V
(C–Dmin–G)
I IV V I
(C—F—G—C)
Die Bridge wechselt die Tonart zu einer Quinte höher (was in vielen Songs vorkommt). Die Akkordfolge für die Bridge ist diese:
V ii V I
(Hier wechselt die Tonart zu G: eine Quinte höher als C.)
(D—Amin—D—G)
Spiele damit herum, bis du herausfindest, wo die Akkordwechsel einsetzen. Versuche mitzusingen. (Wenn du den Text nicht kennst – bei Google sind die Lyrics nur einen Klick entfernt.) Vergiss nicht, deine Uberchord-App zu benutzen!
Lass uns nun den zwölftaktigen Blues noch einmal ansehen:
I– I – I – I –
IV – IV – I – I –
V – IV – I – I
Spiel das durch in E-Dur: E–E–E–E–A–A–E–E–B (deutsch: H) –A–E–E.
So. Jetzt weißt du, wie man ein beliebiges Jazzlied spielt. Sicher, du musst jetzt noch verschiedene Tonarten, verschiedene Akkordformen, Übergangsnoten und Verzierungsakkorde, Füllnoten und Techniken kennen und außerdem Style und Swing haben, um alles gut rüberzubringen. Aber wenn du diese beiden Akkordfolgen richtig hinbekommst, hast du eine solide Grundlage, um so gut wie jedes jemals geschriebene Jazzlied zu spielen und darauf zu improvisieren.
Zusammenfassung
Die beiden grundlegenden Akkordfolgen des Jazz sind:
“I Got Rhythm,” Strophen—
I ii V
I ii V
I IV V I
(In der Tonart C-Dur wären das: C–Dmin–G—C—Dmin—G—C—F—G—C.)
Bridge (Tonart wechselt zu einer Quinte höher, zum Beispiel von C zu G)—
V ii V I
(D—Amin—D—G)
Zwölf-Takt-Blues—
I– I – I – I –
IV – IV – I – I –
V – IV – I – I
(In E-Dur hören das: E–E–E–E–A–A–E–E–B–A–E–E.)
Wenn du Jazzgitarrist werden willst, dann ist es umso besser, je früher du diese beiden in die Knochen bekommen kannst. Man kann immer von dort aus aufbauen.
Entspanne dich, tauche ein, gib dir jede Menge Zeit und halte deine Uberchord App bereit!
Friede sei mit dir.
The iii chord in E is G#m
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The chords in the bridge section of your jazz progression are wrong. Emin would be the minor vi of G, not the II chord.
E- G#m-A- B- E
Wouln’t the ii chord in the key of G maj be A minor?
I don’t understand where the E minor comes in
Hi Avery, you are absolutely right. I corrected the post. Thanks!